Der AMAL - Horizontal - Vergaser
Warum ein horizontaler Vergaser?
Mit dem M4-Motor wurde ein neuer Zylinderkopf verbaut. Der Ansaugkanal war nun fortan nicht mehr waagerecht am Kopf mündend, sondern im Winkel von 20° aus der Vertikalen.
Der Zylinderkopf und der Zylinder waren zudem höher. Rahmen und Tank blieben jedoch gleich. Somit schrumpfte der Platz für den Vergaser deutlich und es musste ein Vergaser mit liegender Mischkammer, beziehungsweise horizontalem Schieber eingesetzt werden. Calthorpe bewarb dies sogar als Fallstromvergaser, wovon bei einer Neigung von 20° jedoch noch keine Rede sein kann.
Aufbau und Typen
An die 350er und 500er Ivory's der Baujahre 1936 bis 1938 gehören die Typen 6/157 und 6/197. Der Type 6 - Vergaser wurde seit 1929 produziert und hat eine Mischkammer aus Messing. Seit 1933 produzierte Amal den Type 76, welcher eine Mischkammer aus Zink-Druckguss besitzt, aber nie bei Calthorpe zum Einsatz kam. Der Vergaser hat eine Bohrung von 1 ⅟₁₆ inch. Die Hauptdüse ist eine 150er und der Schieber hat die Größe 4. Die Konstruktion des Vergaseres ist so ausgeführt, dass dieser vertikal, horizontal, sowie im Winkel funktioniert. Damit ist der Aufbau bei allen Vergasern gleich! Nur die Schwimmerkammern variieren, da diese stets waagrecht stehen müssen.
Teile und Funktion
In der Schwimmerkammer (R) ist der Schwimmer (T) mit Schwimmernadel (U) untergebracht. Dieses einfache System hält den Kraftstoffstand konstant, indem das Kegelventil automatisch öffent, wenn der Kraftstoffstand zu niedrig wird und selbstredend bei erreichen der geforderten Kraftstoffhöhe schließt.
Der Kraftstoffweg ist grün dargestellt. Er fließt zum einen durch die Hauptdüse (P), die Nadeldüse (O) in die Hauptmischkammer und zum anderen durch die Bohrung für das Leerlaufsystem (K) in Richtung Leerlaufmischkammer.
Mit dem Tupfer kann der Kraftstoffstand manuell zum Kaltstart des Motors angehoben werden.
Das Leerlaufsystem
Neben dem notwenigen Kraftstoff, welcher durch die Bohrung(K) in die Mischkammer für das Leerlaufsystem strömt, braucht es auch Luft, welche in diesem durch eine kleine Bohrung gegenüber der Leerlaufgemischregulierschraube einströmt. Diese Luft kommt ungefiltert direkt von Außen. Mit der Regulierschraube wird die Luftmenge für das Leerlaufgemisch (Violett (L)) eingestellt. Dies tritt dann zur Bohrung (M) in die Hauptmischkammer und von dort in den Motor. Bei geöffnetem Luftschieber (B) ändern sich die Unterdruckverhältnisse in der Hauptmischkammer und das Leerlaufgemisch tritt zusätzlich zur Bohrung (N) aus. Hervorzuheben ist nochmals: Das Leerlaufsystem arbeitet immer, nicht nur im Leerlauf!
Nadel, Schieber und Hauptdüse
Für den Fahrbetrieb wird mit der Nadel (C), der Nadeldüse und dem Schieber das Gemisch eingestellt. Bevor das Gemisch in der Mischkammer verwirbelt wird, erfolgt eine Aufbereitung in der Vormischkammer am Ende der Nadeldüse (Violett-Mitte). Dort wird die "external air" zur Beimischung genutzt, welche durch 4 schräge Bohrungen im Düsenstock direkt von außen zuströmt.. Die Hauptdüse begrenzt den Kraftstoffstrom bei Vollgas für das Nadelsystem.
Startsystem
Der Starterschieber (D) wird einfach bei kaltem Motor in die Mischkammerbohrung gefahren und reduziert somit den Luftstrom. Das Gemisch wird damit deutlich fetter. Der Starterschieber wird nur bei kaltem Motor gebraucht.
Einstellung und Arbeitsbereiche
Wie bereits erwähnt, wird das Leerlaufgemisch mit der Regulierschraube eingestellt. Je weiter diese herausgedreht ist, desto stärker magert das Gemisch ab. Dies führt zum Patschen in den Auspuff.
Die Leerlaufdrehzahl wird durch Anheben des Gasschiebers eingestellt. Dabei spielt die Nadel / Nadeldüse noch keine Rolle. Einzig über den enstehenden Spalt am Schieber wird bestimmt, wieviel Gemisch aus der Leerlaufmischkammer in den Ansaugtrakt gesaugt wird.
Das Bild der Arbeitsbereiche zeigt dies nochmal deutlich. Bis zu 1/8 Schieberöffnung wird mit den beiden Schrauben Qualität und Quantität des Gemisches eingestellt. Von 1/8 bis zu einem 1/4 entscheidet die Schieberform bzw. dessen schräger Anschnitt. Hier kann man nur mit anderen Schiebern variieren. Standard für Einzylinder ist der Schieber 4. Von 1/4 bis zu 3/4 wird mit der Nadel die Benzinmenge reguliert. Hier kann die Nadel verschieden positioniert werden, um den konischen Bereich zu verschieben. Ab 3/4 bis zur Vollöffnung bestimmt die Hauptdüse die Qualität und Quantität des Gemisches.
Die Einstellung des Vergasers ist Übungssache. Man kann mit den Standardwerten sehr gut fahren. Ideal ist natürlich ein Lamba von 1, was ein ideales Gemisch in allen Bereichen bedingt. Dann zieht der Motor gleichmäßig durch und der Verbaucht sinkt. Das Ziel sollte eine Einstellung ohne spürbare Bereichsübergänge sein.
Amal Type 6 (6/157)
Folgende Bilder zeigen den 6/157 Vergaser. Gut erkennbar sind die 4 Luftbohrungen außen an der Mischkammer. Diese setzen sich im Düsenstock fort.
Ersatztypen 76 und 276
Amal bot ab 1933 den Type 76 an. Dabei wurde das Gehäuse aus Zinkdruckguss gefertigt. Das Vergaserlayout blieb weitgehend gleich. Vergaser vom Typ 76 sind heute selten, da viele durch die "Zinkpest" unbrauchbar wurden.
Ab 1939 wurde der Type 276 eingeführt. Ebenfalls aus Zinkdruckguss gefertigt, aber mit konstruktiven Änderungen. Die 4 Bohrungen für die Luftzufuhr der Vormischkammer und des Leerlaufsystems fehlen. Dafür gibt es jetzt eine große Bohrung im Ansaugkanal der Mischkammer. Diese Variante wird als "internal air" bezeichnet. Der Düsenstock ist logischerweise ebenfalls angepasst worden. Somit muss beim Ersatz einer Type 6 und Type 76 Mischkammer durch eine des Types 276 auch der Düsenstock ersetzt werden. Im Umkehrschluss können neue Düsenstöcke nicht in alten Vergasern (6 und 76) verwendet werden.
Ist ein Horizonal-Vergaser schlechter als ein Vertikal-Vergaser?
Im Netz stößt man häufig auf die Bemerkung, dass ein horizontaler Vergaser schlechter sein soll oder sogar "Müll" ist. Ich kann dies nicht bestätigen. Ich habe die Schwimmerkammer bei abgebocketem Fahrzeug auf der Ebene waagerecht eingestellt. Das Motorrad läuft bergauf wie bergab ohne Probleme. Die Schimmerkammer liegt sehr nah an der Schieberachse, wodurch die Höhenänderung des Kraftstoffstandes durch Bergfahrten wenig Einfluss bzw. nicht mehr Einfluss als bei Vertikalvergasern haben.