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Zusammenbau und sonstige Arbeiten

Hier zeige ich euch, was "nebenher" an Arbeiten angefallen ist und wie ich die Ivory wieder zusammengebaut habe.

Im Prospekt aus dem Jahre 1936 ist zu lesen: "Finished in ivory and black oder black and gold as option". Dieser Satz beschäftigte mich solange, bis ich die vorbereiteten Teile zum Lackierer brachte. Zum Einen ist die Farbe namensgebend für die Baureihe. Zum Anderen würde die Farbe Schwarz das Motorrad noch besonderer machen und sorgt sicher für das ein oder andere Benzingespräch. Da mir Bilder einer Maschine im Originallack in Schwarz und Gold vorliegen konnte ich nichts verkehrt machen. Und so entschied ich mich für die "Black Option".

Räder und Reifen

Die Räder wurden komplett zerlegt und von Grund neu aufgebaut. Bei einer früheren Restaurierung hat man das Rad im Ganzen abgestrahlt und lackiert. Das erschwerte das Lösen der Nippel. Die Einzelteile wurden entlackt und gesäubert. Dabei kamen originale Prägungen auf den Felgen zum Vorschein (siehe Bilder). Diese Naben und Felgen von Dunlop finden sich bei sehr vielen englischen Motorradherstellern und waren ein klassisches Zukaufteil. Bei der Lackierung verwand die Prägung wieder unter dem Lack. Die Speichen wurden neu angefertigt. 40 Stück pro Rad wurden benötigt. Nachdem ich die Räder anfangs komplett in Schwarz aufgebaut hatte, entschied ich mich doch für verchromte Speichen.
Im nächsten Arbeitsgang wurden die Radlager verbaut. Diese Lager in Zollabmessungen werden noch immer produziert. Ich habe mich für 2RS Lager entschieden. Damit muss ich nicht eine gesamte Nabe mit Fett füllen und habe eine bessere Lagerabdichtung gegen Wasser und Schmutz. Das Einspeichen ging sehr gut und ich war verwundert, dass die Felgenringe von Grund auf ohne merklichen Seiten- und Höhenschlag liefen.
Das Aufziehen der Reifen ist ohne Beschädigung der Felge sehr mühsam. Ohne Felgenschützer geht da nichts! Als Hilfsmittel kamen Puder, Spülmittel und drei Montiereisen (500mm) zum Einsatz. Das Reifenprofil ähnelt stark der Originalbereifung von Good Year und das Profil ist für Vorder- und Hinterrad verfügbar. In folgender Tabelle habe ich wichtige Daten zu den Rädern, wie ich diese aufgebaut habe zusammengefasst:

  Vorderrad Hinterrrad
Anzahl Speichen 40 40
Speichenlänge und Kröpfung (Bremse) 196 mm , 95° 184 mm , 95°
Speichenlänge und Kröpfung 210 mm , 95° 200 mm , 95°
Speichendurchmesser 4 mm mit M4 Gewinde 4 mm mit M4 Gewinde
Radlager 2 x RMS 4 2 x RMS 5
Felgengröße 19'' 18''
Felgenbreite 2,75'' 3''
Reifengröße 3,25'' x 19'' 4,00'' x 18''
Reifenhersteller und Modell Dunlop K70 Dunlop K70
dunlop
Trade - DUNLOP - Mark ...
made in england
...und "Made in England" auf den Felgen.
vorderrad
Das Vorderrad mit Tachometerantrieb in der Bremstrommel
hinterrad
Fertiggestelltes Hinterrad.

Tank und Schutzbleche

Die alten Schutzbleche waren leider nicht weiter verwendbar. Es waren mehr Löcher als Material vorhanden. Aber sie waren noch gut genug um Maße für die Nachfertigung abzunehmen. Wichtig bei allen Ivory Schutzblechen: Eine Sicke in der Mitte der Bleche. Diese bringt Stabilität und verschönert die Optik. Die Bleche selbst sind breit geschnitten und verhindern ein Hochschleudern von Schmutz und Dreck effektiv. Das hintere Schutzblech ist zweigeteilt um eine Hinterradausbau bei aufgeständerter Maschine zu ermöglichen. Nach der ersten Anprobe am Rahmen gingen die Bleche in den Lack und zur Linierung.
Der Tank wurde zunächst in Eigenregie seiner Dellen beraubt. Dazu wurde ein Zuganker angelötet und mit einem "Negativ-Hammer" die Delle gezogen. Im Anschluss erhielt der Tank eine Kunstharzversiegelung um eine dauerhafte Dichtigkeit zu gewährleisten. Nach dem Schwarzen Lack brachte ich die Wasserschiebebilder auf. Diese wurden mit Klarlack konserviert und anschließend der Tank liniert. Das Ergebnis überzeugt! Da eine Originalmaschine für die Linierung Modell stand, ist ein historisch korrekter Zustand hergestellt worden.

dunlop
Anprobe der Schutzbleche
made in england
Lackierte und Linierte Teile
vorderrad
Doppellinie in Gold aus dem Heckschutzblech
hinterrad
Sicke und Form des vorderen Schutzblechs
hinterrad
Tankausbeulen mit Hausmitteln..
hinterrad
Perfekt zusammenpassend! Linierung und Decal.

Terry Sattel

Beim Sattel habe ich über das Internet Ersatz beschafft. Der alte Sattel war zu klein und zu stark korrodiert und kaputt um ihn wiederherzurichten. In England habe ich einen Original Terry Sattel erstanden. Dieser war ungebraucht und in einem, für sein Alter, super Zustand! Ich habe ihn komplett zerlegt und aufgearbeitet. Dabei wurde die Decke aus Kunstleder getrennt und neu genäht da sich alten Fäden aufgelöst haben. Die Polsterung aus Rosshaar wurde aus selben Grund ebenfalls erneuert. Die Federn und Niete wurden ersetzt und das Sattelgestell lackiert. Calthorpe hat stets Terry - Sättel verbaut. Ich habe mich für einen "Big" Terry entschlossen. Dieser misst 15 inch in der Breite und ist damit sehr komfortabel! Damit der Sattel nutzbar wird, habe ich noch einen Sattelkloben konstruiert und gebaut. Damit kommt der Sattel 35 mm höher und schlägt beim Einfedern nicht auf dem Heckschutzblech auf.

sattel_oben
Der fertige Terry Sattel.
federn
Gestell und Federn
unten_sattel
Unterseite mit Sitzfedern und Aufnahmekloben.
terry_sign
Terry. Diese Marke verwendete Calthorpe bei der Ivory immer.

Fahrwerk, Gabel und Bremsen

Zum Fahrwerk selber gibt es wenig zu berichten. Dank starrer Hinterradaufhängung fällt dieses recht einfach aus. Die Trapezgabel des Vorderrades ist bei Calthorpe nach einem Patent von Druid hergestellt. Defacto also eine Druid-Gabel. Die Lenkungsdämpfung sitzt unter dem Steuerkopf. Die Gabeldämpfung rechtsseitig mit zwei Reibscheiben. An der Gabel wurden die Halter für die Luftpumpe von einem der Vorbesitzer entfernt. Diese wurden nachgefertigt und kommen ihrer gedachten Funktion hervorragend nach.
Die Bremsen / Naben sind genau wie die Felgen aus dem Zubehör und stammen von Dunlop. Die Beläge wurden erneuert, ebenso das Bremsgestänge hinten und der Bowdenzug vorne. Im vorderen Bremsschild wurde wieder das Umlenkgetriebe für den Tacho integriert sowie eine neu gefertigte Tachowelle verbaut. Die Fußrasten mussten gerichtet werden um kollisionsfrei am Auspuff vorbei geführt werden zu können.

gabel
Gabel mit Dämpfung.
gabel
Praktisch: Luftpumpenhalter an der Gabel.
bremse_vorne
Trotz vielen Einzelteilen wirkt es aufgeräumt.
bremse_hinten
Am Hinterrad sieht es ganz ähnlich aus.
fussraste
Fußraste mit Krümmer. Hier geht es recht eng zu...
bremse
..genau wie auf der rechten Seite.

Lampen und Elektrik

Die restaurierten elektrischen Komponenten wurden an das Motorrad gebaut und verkabelt. Die Kabel habe ich in eine stoffummantelte Tülle gezogen und im Anschluss mit Gummikabelbindern, wie sie damals üblich waren, verlegt.

front
Die Front mit mächtiger 8'' Lampe und Clear Hooters Horn.
heck
Das Rücklicht sitzt im Kennzeichenträger.
schaltplan
So habe ich meine Maschine verkabelt. Da keine "high" und "low" Batterieladung mehr nötig ist, habe ich damit das Licht getrennt.

Amal "Clean" Handlebar

Der Amal Lenker war an vielen Motorrädern der Zeit zu finden. Im Baukastenprinzip konnte dieser konfiguriert werden. "Clean" deshalb, weil die Halterungen für die Hebel am Rohr verschweißt sind. Es werden keine Klemmschellen benötigt. Horn und Lichtschalter sind integriert und es sieht in der Tat nach einem modernen aufgeräumten Motorradlenker aus. Variationsmöglichkeiten gab es bei der Gasgriffseite, den Gasgriffen selbst (Single- und Doublehelix), der Anzahl und Lage der Hebel und bei der Lenkerform, sowie deren Enden.

handle
Linke Seite mit Lucas Klemmspiegel und Lichtschalter
handle
Links befindet sich die Kupplung, Ventilausheber und Zündverstellung
handle
Rechts befindet sich der Gasgriff und Horntaster
handle
Ebenfalls Rechts: Die Vorderradbremse und der Startschieberhebel

Fertigstellung

Nach zweieinhalb Jahren Restauration habe ich die ersten Test- und Einstellfahrten absolviert. Sie läuft fabelhaft aber hier und da muss justiert werden. Mit den englischen Mogelkennzeichen kann ich natürlich nicht am Straßenverkehr teilnehmen. Eine Straßenzulassung ist der finale Schritt! Für diesen habe ich einen Rückstrahler und Rückspiegel in zeitgemäßer Optik montiert.

fertigstellung
Zustand meiner Ivory nach der 2,5 Jahre andauernden Restauration.
ausfahrt
Meiner Leidenschaft für Photographie folgend, gehen die ersten Touren an altes Industriegemäuer.
winter
Ivory im Schnee!
fall
Ausfahrten im Thüringer Wald. Ein Eldorado für Motorradfahrer