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Motorsport

Allgemeines

Schon früh erkannten die Hersteller motorisierter Fahrzeuge die Bedeutung motorsportlichen Engagements, um auf sich aufmerksam zu machen. Siege und Erfolge bei Zuverlässigkeitsfahrten und Rennen waren wichtig für die Wahrnehmung der Marke im möglichen Käuferkreis und damit auch die beste Werbung. Natürlich ist der Motorsport nicht nur kommerzieller Natur! Es war auch der Zeitgeist, welcher getreu nach dem Motto, "schneller, höher, weiter" den Ehrgeiz der Firmengründer und Arbeiter beflügelte sich in Rennen zu messen. Gerade im beginnenden 20. Jahrhundert bis in die 30er Jahre waren Rennen wahre Feste und Attraktionen, welche dem Publikum Unterhaltung bot. Wer es sich leisten konnte, war in seiner Freizeit Rennfahrer und wurde unter Umständen zum gefeierten Helden. Aber auch der Technologietransfer soll nicht außer Acht gelassen werden. Denn durch das Kräftemessen wurde man stets zur Weiterentwicklung, Verbesserung und Neuentwicklung der Fahrzeuge gefordert, um Erfolg zu haben. Bewährtes übertrug sich in die Serie.

Calthorpe im Motorsport

Bei Calthorpe ist der Motorsport bereits sehr früh Teil der Unternehmenskultur. Schon zu Zeiten der Minstrel Cycle Co. nahm man mit dem "Rea" Motorrad beim "London to Edinburgh Motorcycle Ride“ im Jahr 1905 teil. Der Gründervater George W. Hands widmete sich vor allem dem Automobilrennsport und saß dort selbst am Steuer. Man nahm an zahlreichen großen Rennen teil. Egal ob bei der TT, in Brooklands oder bei Rennen in Frankreich. Calthorpe Autos waren von 1908 bis 1914 im Starterfeld zu finden.
Im Bereich des Motorradbaus darf man, meiner Einschätzung nach und über die gesamte Zeit von 1909 bis 1938 betrachtet, von einer Vernachlässigung sprechen. Da die ersten Motorräder bis auf Rahmen und wenige Anbauteile komplett aus Zukaufteilen bestanden, war sicher wenig Antrieb für eine Gründung eines Werksteams vorhanden. Und so waren es vor allem Privatfahrer, die der Marke Erfolge einfuhren.
Auch späterhin änderte sich daran wenig. Im folgenden soll nun, teils nach Veranstaltung, Fahrern und Fahrzeugmodell der motorsportliche Erfolg aufgezeigt werden.

Die TT-Races auf der Isle of Man

Motorräder von Calthorpe sind insgesamt nur zehn Mal in Starterfeld der TT zu finden!
Im Jahre 1911 nahm Mr. B. Plews in der Senior TT (500ccm) mit einer Calthorpe 3 ½ HP Precision (TT Model) teil, aber kam nicht ins Ziel. Drei Jahre später startet Mr. A. Muir in der Senior TT und kommt auf Position 46 ins Ziel. Mr E. V. Pratt fährt in der Junior TT (350ccm )und sieht keine Zielflagge.
Erst 11 Jahre später finden sich wieder Calthorpe Maschinen im Starterfeld. In der 350ccm Klasse sind gleich zwei Maschinen am Start, welche jedoch nicht ins Ziel kommen. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um das 3 ½ HP OHV Sports Model mit Calthorpe D4 Motor.
Noch spannender ist das Jahr 1926, als in der Seniorklasse eine Calthorpe startet. Da man zu dieser Zeit keine 500ccm im Verkaufsprogramm hatte, muss es sich bereits um eine G1 (Königswellen - OHC) handeln, welche damit erprobt wurde. Die Maschine fuhr F. Simpson Jnr. und kam auf Position 21 ins Ziel! In der 350ccm Klasse starteten drei Calthorpe, von denen nur eine das Ziel erreichte.
1927 startete eine G1 in der Seniorklasse ohne Zielankunft. Dafür konnte in der Juniorklasse Mr. Gill einen 20. Platz einfahren.
In den Folgejahren wurden die Rennen in Profi (TT) und Amateurrennen (Manx Grand Prix) unterteilt. Bei den Profis nutzte niemand Calthorpe! Nur bei den Amateuern findet sich 1934 in der Leightweight-Klasse (250ccm) ein Starter. Mr. Goddart erreichte sogar Platz 7 auf seiner (vermutlich) Viertakt Ivory mit 250 ccm (R1-Motor).
1938 nahm nochmals eine Ivory 500 in der Amateur Senior Klasse teil, aber erreichte das Ziel nicht.
[Quelle: https://www.iomtt.com/tt-database/events/races?mach_id=48]

Dirttrack / Speedway Maschinen

In den 1920er Jahren wurde das "Dirt track racing" weltweit populär. Diese Sportart entstand vor dem ersten Weltkrieg in Nordamerika und verbreitete sich in den 20er Jahren vor allem in englischsprachigen Raum. Gefahren wird in einem Stadionoval (1/4 mile) auf Gras, Sand, Erde oder Kiesel.
Für diesen Sport waren die Motorräder stark modifiziert und hatten mit einer Straßenmaschine nicht viel gemeinsam. Calthorpe hatte in den Jahren 1928/29 das Modell "Special Speedway" im Angebot. Mit dieser Maschine konnten im Jahr 1928 einige Siege und Erfolge eingefahren werden.

speedway
Speedway Special Maschine mit 350ccm[2]

Das Motorrad verfügt im Grunde über einen Motor, wie er auch in der 3½ HP Super Sport (D.6.S) verwendet wurde. Bei einem Hub von 81 mm und einer Bohrung von 74 mm wurde mit einem Domkolben die Verdichtung nochmal deutlich erhöht, sodass laut Prospekt 20 bhp (ca. 20,2 PS) bei 6000 U/min abrufbar waren. Weiterhin wurden Ventile aus Spezialstahl verwendet. Ich gehe davon aus, dass der Stahl stärker mit Chrom, Silizium und Aluminium legiert wurde. Dies macht ihn deutlich hitzebeständiger.
Beim Ventiltrieb ging man einen anderen Weg als beim Motor für Straßenrennen. Statt härtere Federn und schärferen Nocken wurden weichere Ventilfedern und ein harmonischer Nockenhub verwendet. Dadurch hat man die mechanischen Belastungen auf Stößel und Kipphebel reduziert, was der Standhaftigkeit des Motors zu Gute kam. Ausfälle im Rennen wollte man damit verhindern. Die Durchzugskraft und "Bissigkeit" litt natürlich unter diesen Maßnahmen. Aber beim Dirt Track Racing wird ohnehin nur Vollgas gefahren und der Motor in einem schmalen Drehzahlband genutzt.
Zur weitern Motorausstattung zählt ein einstellbarer Zündmagnet von B.T.H sowie ein Rennvergaser von AMAC mit einstellbarer Leerlaufdüse.

Das Motorrad hat kein Getriebe. Auf einer Zwischenwelle treffen die Primärübersetzung und die Endübersetzung zusammen und werden per Kupplung kraftschlüssig verbunden.
Äußerlich fällt der durch Streben versteifte Rahmen auf. Weiterhin wurden die Schutzbleche durch ein Knieblech ersetzt. Die 28'' großen Räder haben 2½'' breite Reifen. Bremsen gibt es nicht!
Das Motorrad war (bis auf den Motor) komplett vernickelt!

Der Rennfahrer Gus Kuhn

Gus Kuhn war ein britischer Rennfahrer, der in den 20er Jahren mit Motorrädern von Calthorpe an Rennen teilnahm. Erstmalig gewann er mit einer 249ccm Calthorpe (Zweitakt) im Jahre 1923 beim "Land's End to John O'Groats Trial". Späterhin errang er eingige Siege und Podestplätze bei Rennen, Trails und Zuverlässigkeitsfahrten. Er startete ab 1926 mit 350ccm Calthorpe Maschinen (Sport und Super Sport) und später auch mit der G1. Weiterhin war er auch beim Speedway erfolgreich und errang Siege mit einer 350ccm Super Sport und später mit dem Special Speedway Model.
Seine Lebensgeschichte ist sehr umfassend auf dieser Website beschrieben:

http://www.guskuhn.net/GKuhn/1928.htm

sammelkarte_vorn
Sammelkarte aus den 1930er Jahren..
sammelkarte_hinten
..auf der Rückseite der Verweis zu Calthorpe.

Das Renn- und Kunstfahrerduo Deim

Anny und Ferdinand (Ferry) Deim nahmen in den dreißiger Jahren bei Berg- und Tagesrennen, Rallyes, Speedwayrennen sowie bei Geschicklichkeitsfahrten in Österreich teil. Besonders spannend sind die Aufnahmen von Gymkhana-Fahrten. Der Photograph Arthur Fenzlau hielt diesen besonderen Sport auf Bildern fest. Das Technische Museum Wien stellt seine Bilder freundlicherweise der Nachwelt zur Verfügung.
Die Geschwister hatten offensichtlich eine 350er Maschine und eine 500er Maschine. Die 500er dürfte aus dem Jahre 1934 (Albion Getriebe und offene Kipphebel, aber schon "massiven" Zylinder und große Bremse vorn) sein.

Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
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© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien
Deim
© Artur Fenzlau/Technisches Museum Wien

[2] Calthorpe Speedway Flyer 1928